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Gedanken
zur
Diskussion um das so genannte „Dienstwagenprivileg“
Es ist zwar
schon alles gesagt, aber noch nicht von
jedem, deshalb an dieser Stelle ein paar Worte von mir.
|
Alle
Jahre
wieder kommt im politisch-medialen Diskurs die Forderung auf, die
Möglichkeit
der privaten Nutzung von Dienstwagen oder zumindest die 1%-Regelung
abzuschaffen. In
der Regel
sind die Argumente nur bedingt sachlich und mit hinreichendem Wissen
unterfüttert.
Selbst in eher seriösen Politikmagazinen werden falsche Behauptungen
ungeprüft
wiederholt, z.B. dass auf Dienstwagen nur 1% Steuern erhoben würden. Je
geringer die
Sachkenntnis, so scheint es, umso stärker die Polemik. Der Kampfbegriff
„Dienstwagenprivileg“ wurde erfolgreich etabliert. Auch scheinen die
Protagonisten und Protagonistinnen dieses Feldzuges das Privileg zu
genießen, in
einem urbanen Umfeld zu leben, dass über einen sehr guten ÖPNV und
gutes Fahrradwegenetz
verfügt sowie an den öffentlichen Fernverkehr angeschlossen ist. Sonst
müssten
sie selbst Defizite in ihren Argumentationsketten erkennen. Bis
50 Euro pro
Monat sind diese zusätzlichen Sachbezüge steuer- und
sozialversicherungsfrei.
Sachbezüge mit einem Wert darüber hinaus gelten als geldwerter Vorteil
und es
werden in der Regel der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherung und
Lohnsteuer fällig. Doch es wäre nicht unser deutsches Steuerrecht, wenn
es von
dieser Regel nicht zahlreiche Ausnahmen gäbe. So gibt es zum Beispiel
die
Möglichkeit der Pauschalierung. Das heißt es wird nur ein bestimmter
Steuersatz
gezahlt und die Sozialversicherung entfällt. Für ein Jobticket sind
dies 15 %, für
Mahlzeiten im Betrieb 25 %, für alles, was nicht im §40 EstG geregelt
ist, wie die
Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio 30 %. Voraussetzung für die
Pauschalierung ist aber, dass die Belastung für die Arbeitnehmer und
Arbeitnehmerinnen
dadurch nicht höher ist, als wenn sie Lohnsteuer und
Sozialversicherungsbeiträge auf den jeweiligen Sachbezug (geldwerter
Vorteil)
gezahlt hätten. Als
geldwerter
Vorteil gelten nun 5% der monatlichen Gesamtkosten von 2000 Euro für
Fahrten
von zu Hause zur Werkstatt, also 100 Euro und 15 % für sonstige
Privatfahrten –
300 Euro. Für
die
sonstigen Privatfahrten erhöht sich die Lohnsteuer um 76,17 Euro und
die
Sozialversichrungen um 60,30 Euro. Die 100 Euro für die Fahrten zur
Arbeit
können analog zum Jobticket mit 15% pauschaliert werden: 15 Euro. Bei
der
1%-Reglung wird der Bruttolistenpreis zu Grunde gelegt. Der
Bruttolistenpreis
ist ein Mondpreis, den kein Mensch bezahlt. Zwischen 10 und 20 Prozent
Rabatt
und Nachlass sind immer drin, je nach Marktsituation auch deutlich
mehr. Ein
Prozent des Bruttolistenpreises plus 0,03 Prozent des
Bruttolistenpreises mal
Kilometer für Fahrten zwischen Arbeit und Wohnung. Unser
angestellte
Orthopädietechnik-Mechaniker Meister muss sich damit 650 Euro für die
sonstigen
Privatfahrten als geldwerten Vorteil anrechnen lassen. Die Lohnsteuer
steigt um
168,67 Euro und die Sozialversicherungsbeiträge um 130,65 Euro. Ich
gehe von 20
Kilometer an 21 Arbeitstage Arbeitsweg aus: 48.000 Euro x 0,03% x 420
km = 288
Euro. Pauschalierung mit 15% (günstiger als reguläre Abführung der
Lohnsteuer plus Sozialversicherung): 43,20 Euro. Dass
der Anteil
derer, denen einen Dienstwagen zur Privatnutzung zur Verfügung steht,
in den
höheren Einkommensgruppen höher ist, heißt nicht, dass der größte
Anteil der
privat genutzten Dienstwagen bei Menschen mit sehr hohem Einkommen
(100.000
Euro plus) zu finden ist. Schon weil es davon eher wenige gibt. (5% von
1.0000.0000 > 95 % von 1.000) Die
Masse der
privat genutzten Dienstwagen werden von Angestellten im Außendienst, in
der
Kundenbetreuung, in der Gebäudereinigung, der ambulanten Pflege und
anderer
„mobiler Branchen“ gefahren. Der
VCD
prangert auf der Seite
https://www.vcd.org/artikel/dienstwagenbesteuerung
(Zugriff 28.09.2024) an, dass „nur bei einem Prozent der
Arbeitnehmer*innen mit
einem Bruttoeinkommen bis 2.000 Euro“ Dienstwagen privat
genutzt werden.
Liegt sicher auch an oben genannten Gründen. Aber geldwerte Vorteile
bei
geringem Einkommen können auch vergiftete Geschenke sein. Nämlich dann,
wenn
die geldwerten Vorteile relativ zum Grundeinkommen recht hoch sind und
man ein
Auto nicht wirklich braucht und der Fitnessclub immer mit
Friseurterminen und
ähnlichem kollidiert. Dann kommt es zu unnötigen hohen Steuer- und
Sozialabgaben und auf dem Girokonto wird’s noch enger.
|
Kritikpunkt
3:
Die Dienstwagenregelung ist eine Subvention in jährlicher Milliardenhöhe Das
Unternehmen, weil der Wert des Autos durch die Privatnutzung schneller
sinkt? Da
die Abschreibung
nach AfA-Tabelle erfolgt und durch die Privatüberlassung der Verschleiß
höher
ist, liegt an dieser Stelle das Gegenteil einer Subvention vor. Das
Unternehmen, weil die Vorsteuer auf den Kraftstoff gezogen werden kann? Ohne
die
Privatüberlassung wäre diese Umsatzsteuer gar nicht angefallen. Durch
die
Privatnutzung hat das Unternehmen höhere Kraftstoffkosten als ohne. Das
Unternehmen, weil die Privatnutzung Gehalt ersetzt? Gehalt
oder
Lohn darf nicht abgesengt werden, da Sachbezüge generell zum ohnehin
geschuldeten Entgelt gewährt werden müssen, sonst geht der
Sachbezugscharakter
verloren. Zwar können Sachbezüge untereinander ausgetauscht werden,
aber nicht
mit Entgelt in Form von Geld. (Solche Konstruktionen haben gelegentlich
auch
Klagen der Rentenversicherung zur Folge und bei Erfolg auch
Strafverfahren
wegen Sozialbetrug.) Unternehmen
und
Angestellte als Steuergemeinschaft, weil weniger Kfz-Steuer gezahlt
wird? Es
ist aber
eben auch nur ein statt zwei Fahrzeuge auf der Straße und im
öffentlichen Raum.
Außerdem hat der Staat durch die Dienstwagenreglung zusätzliche
Einnahmen durch
Lohnsteuer und Sozialabgaben, die er ohne diese nicht hätte. Es findet
also
auch an dieser Stelle das Gegenteil einer Subvention statt. Unternehmen
und
Angestellte als Steuergemeinschaft, weil weniger Umsatzsteuer auf
Kraftstoff
gezahlt wird? Dazu
müsste
davon ausgegangen werden, dass sich der/ die Angestellte ein Auto mit
ähnlichem
Verbrauch kauft und ähnlich viel fährt wie privat mit dem überlassenen
Dienstwagen.
Dies könnten sich viele Betroffene nicht leisten und beim Parkplatz
fürs
weitere Auto kanns auch schon wieder schwierig werden. Die
Autoindustrie? Eher
nicht. Der
Dienstwagen wird sowieso gekauft, sonst ist es keiner. Die
Privatnutzung
verhindert eher noch Autokäufe. Der höhere Verschleiß ist für den Takt
der
Erneuerung der Fahrzeugflotte unerheblich. siehe
Kritikpunkt 4 Das
gleiche
Auto würde privat 17.400 Euro kosten. Das zweifle ich an, aber ich lass
das mal
so stehen. Auch ohne nochmal zu erwähnen, dass der Bruttolistenpreis
ein
Mondpreis ist, sollte schnell klar werden, dass hier Äpfel mit Birnen
verglichen werden. Nicht immer sind Dienstwagen neu. Es gibt eben auch
Fälle,
in denen Angestellte z.B. Steuern und Abgaben auf einen geldwerten
Vorteil von
über 220 Euro für einen über zehn Jahre alten Octavia zahlen mussten. Ein
Dienstwagen
ist ein Dienstwagen und ein privater PKW ist ein privater PKW. Der
private PKW
kann auch von Familienangehörigen, Nachbarn oder Freunden gefahren
werden. Es
ist zum Beispiel nicht möglich, sich vom Nachbarn mit dem Dienstwagen
zum
Flughafen fahren zu lassen. Genauso wenig kann man sich auf längeren
Fahrten
ablösen. Ein privater PKW kann nach eigenen Bedürfnissen oder eigenem
Geschmack
gekauft werden. Auch gibt es auf einem Privatauto keine
Firmenbeschilderung,
die Auskunft über die Tätigkeit des Fahrers zulässt oder das Parken in
einigen
Gegenden zu gefährlich werden lässt, da der Schriftzug eines dort sehr
unbeliebten Unternehmens prangt. (z.B. bestimmte Immobilienunternehmen) Oft
ist der
privat genutzte Dienstwagen voll mit Ersatzteilen, Produktmustern,
Arbeitsgeräten u.ä., so dass der Kofferraum nur bedingt privat genutzt
werden
kann. Das
sind
zunächst die Kosten: Anschaffung, Verbrauch, Wartungsbedarf,
Widerverkaufswert
nach x Jahren. Dann der Zweck: während in der ambulanten Pflege viele
Kleinwagen unterwegs sind, die auch in kleine Parklücken passen sind es
im B2B
Bereich eher Fahrzeuge, die mit dem Kundenunternehmen Augenhöhe (oder
etwas
höher) herstellen sollen. Bei Kleinbetrieben ist ein Opel der M-Klasse
völlig
ok, wenn eine Unternehmensberatung ein Großunternehmen berät, wird man
dort
eher mit der S-Klasse vorfahren. (Btw: wer mit welchem Wagen vorfährt,
hat im
B2B-Geschäft durchaus auch Einfluss auf die Preisverhandlungen.) Des
Weiteren
spielt natürlich auch die Zweckmäßigkeit eine Rolle. Autobahn oder
Innenstadt?
Was muss transportiert werden? Kritikpunkt
6:
Die Dienstwagenreglung erschwert die Transformation hin zum
Öffentlichen
Personenverkehr, fördert eine Flatrate-Mentalität und ist daher
ökologisch
schädlich Weiterhin kann ich mir schwerlich vorstellen, dass Menschen, die beruflich viel Auto fahren müssen, zum Spaß nach Feierabend noch ein paar Runden mit demselben Fahrzeug drehen. Was würde sich ändern, wenn die Privatnutzung von Dienstwagen nicht mehr möglich wäre? Private Fahrten von Angestellten, die keinen eigenen PKW haben und sich keinen leisten können oder wollen, würden zum Teil mit dem ÖPV stattfinden oder entfallen. Der Ausflug der ambulanten Altenpflegerin mit ihren Kindern zum See würde wohl entfallen. Der halbjährliche Besuch bei den 400 km entfernt wohnenden Eltern würde mit der Bahn stattfinden. Und da für solche Reisen das Deutschlandticket ungeeignet ist, wird's auch richtig teuer. Die Angestellten, die einen eigenen PKW haben oder ihn sich dann kaufen, werden nun diesen nutzen. In der Regel ist dies billiger und bequemer als der ÖPV. Der Dienstwagen steht zu Hause und blockiert Parkfläche. Einkäufe werden dann zum Teil auf dem Weg vom letzten Termin nach Hause oder vielleicht auch während der Arbeitszeit erledigt. Es wird auch Fälle geben, in denen der Dienstwagen weiterhin privat genutzt wird. Zum Teil heimlich, was zur verhaltensbedingten Kündigung führen kann oder mit stillschweigender Duldung des Arbeitgebers. Der Unterschied zum jetzigen Zustand wäre nur, dass dem Finanzamt und den Sozialversicherungen Einnahmen entgehen. Da die Privatnutzung von Dienstwagen gesetzlich nicht mehr vorgesehen wäre, könnten auch weder eine vermeintliche Steuerhinterziehung oder Sozialbetrug geahndet werden. Wen würde wohl eine Abschaffung des "Dienstwagenprivelegs" am härteseten treffen? Ich vermute, leitende Angestellte, für die das Arbeitszeitgesetz nicht gilt und Arbeits- und Feizeit nur bedingt voneinander abtrennen können, sind es nicht. Hierbei
darf
aber die Bewertung des geldwerten Vorteils der privaten
Dienstwagennutzung
nicht zu hoch ausfallen, da der geldliche Nachteil für den Arbeitgeber
fast
ausschließlich bei den Kraftstoffkosten liegt, alles andere muss er
sowieso
bezahlen. [1]Cafeteria-Systeme
bedeutet, dass die Angestellten aus verschiedenen Sachbezügen wählen
können und
sich so ihr individuelles Menü zusammenstellen. Nach spätestens einem
Jahr kann
neu gewählt werden. In der Praxis sin Cafeteria-Systeme noch selten. |
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